BRAK-Mitteilungen 3/2021
[266] Auch wenn man der vorgenannten Auffassung folgen würde, so forderte diese doch ergänzend zu Recht, dass nicht jeder Vertrag zu Gunsten Dritter genü- ge, sondern namentlich das Pflichtengefüge des Rechts- anwalts gegenüber dem Rechtsuchenden klar heraus- gearbeitet sein müsse (AG Hannover, a.a.O. unter Ver- weis auf Hirtz , in Grunewald/Römermann, RDG, § 5 Rn. 70). Eine von der Kl. nur vorgetragene allgemeine Zusammenarbeit mit ihren Rechtsanwälten würde dies keinesfalls erfüllen (vgl. entsprechend zum dortigen Fall AG Hannover, a.a.O.). [267] ee) Die Erbringung der Leistungen im Rahmen Keine erlaubte Inkas- sodienstleistung der Beitreibung der gegen- ständlichen Forderungen ist der Kl. auch nicht als In- kassodienstleistung (§ 2 II 1 RDG) aufgrund der Registrierung nach § 10 I 1 Nr. 1 RDG erlaubt. [268] Gemäß § 10 I 1 Nr. 1 RDG dürfen natürliche und juristische Personen sowie Gesellschaften ohne Rechts- persönlichkeit, die bei der zuständigen Behörde regis- triert sind (registrierte Personen), aufgrund besonderer Sachkunde Rechtsdienstleistungen – nur – in dem Be- reich der Inkassodienstleistungen (§ 2 II 1) erbringen. [269] Dabei kann dahinstehen, ob die Kl. betreffende Leistungen als „eigenständiges Geschäft“ i.S.v. § 2 II 1 RDG erbringt, was nur dann der Fall wäre, wenn die Forderungseinziehung innerhalb einer ständigen haupt- oder nebenberuflichen Inkassotätigkeit oder außerhalb einer solchen nicht lediglich als Nebenleistung im Zu- sammenhang mit einer anderen beruflichen Tätigkeit erfolgt (BGH, NJW 2013, 59). [270] Jedenfalls weichen die hier in Rede stehenden Leistungen der Kl. bei der Forderungseinziehung ein- schließlich der erforderlichen Prüfung der Erfolgsaus- sichten i.E. so weit von den Merkmalen einer Inkassotä- tigkeit ab, dass auch unter Beachtung der vom BGH ge- forderten eher großzügigen Auslegung des Inkassobe- griffs im Lichte der Liberalisierungstendenzen des RDG eine bloße Inkassodienstleistung i.S.v. § 2 II 1 RDG nicht mehr angenommen werden kann. [271] (1) Dies folgt zwar nicht allein daraus, dass die Kl. die Zedenten ersichtlich auch rechtlich zu beraten hatte. Denn die Registrierung als Inkassodienstleister umfasst auch die Befugnis, eine rechtliche Bewertung der Durchsetzbarkeit der Forderung abzugeben und den Rechtsuchenden auf dieser Grundlage rechtlich zu beraten (s. nur LG München I, Endurt. v. 7.2.2020 – 37 O 18934/17, BeckRS 2020, 841, Rn. 110). Der Begriff der Inkassodienstleistung darf also nicht auf eine rein kaufmännisch-technische Einziehungstätigkeit ohne bzw. mit allenfalls einer schematischen Rechtsanwen- dung reduziert werden (zutreffend LG München I, End- urt. v. 7.2.2020 – 37 O 18934/17, BeckRS 2020, 841 Rn. 110). [272] (2) Ebenfalls nicht allein zu einem Entfallen der Ei- genschaft als Inkassodienstleistung führt, dass ggf. schwierige Rechtsfragen zu prüfen sind (LG München I.
leistung erlaubt ist, wenn diese Person den rechtsdienst- leistenden Teil der Tätigkeit eigenverantwortlich er- bringt. Diese Vorschrift ist dann aber nicht in das Ge- setz übernommen worden (vgl. nur BGH, NJW 2008, 3069, 3070; Veith/Gräfe/Gebert, § 19 Rn. 297). [260] (b) Dieser Wegfall erfolgte durch den Gesetzge- ber auch bewusst im Hinblick auf die damit verbunde- nen Konsequenzen. Denn in der Begründung des Rechtsausschusses des Bundestags wird ausgeführt: [261] „Der Wegfall von Abs. 3 führt dazu, dass eine Zu- sammenarbeit von Rechtsanwälten mit nichtanwaltlichen Unternehmern in der Weise, dass der Anwalt als, Erfül- lungsgehilfe’ des Unternehmers tätig wird, nicht möglich ist. Es bedarf damit in allen Fällen, in denen Rechtsdienst- leistungen nicht mehr lediglich Nebenleistungen sind, der gesonderten Einschaltung eines Rechtsanwalts oder eines anderen zur selbstständigen Erbringung von Rechtsdienstleistungen befugten Berufsangehörigen (z.B. Steuerberater, Inkassounternehmer oder Rentenberater). Eine gemeinsame Auftragsannahme und -erledigung blei- ben unzulässig; zulässig sind wie bisher Kooperationen, bei denen die Eigenständigkeit der Aufträge bzw. Manda- te gewahrt bleibt.“ (BT-Drs. 16/6634, 52). [262] Ziel dieser Wertentscheidung des Gesetzgebers war es, sicherzustellen, dass die rechtsuchende Person in einer unmittelbaren vertraglichen Beziehung zu dem, der die Rechtsdienstleistung erbringen darf, steht (vgl. BGH, NJW 2008, 3069, 3070). Nur dann entstehen ver- tragliche Pflichten des Rechtsberatenden, welche die rechtsuchende Person hinreichend schützen. Insbeson- dere ist so gewährleistet, dass bei fehlerhafter Bera- tung der Rechtsuchende selbst Schadensersatzansprü- che gegen den Anwalt erfolgreich geltend machen kann (BGH, a.a.O.). Zudem wird vermieden, dass der Anwalt auf Interessenkonflikte trifft, die sich zwischen dem ihn mandatierenden nicht-anwaltlichen Rechtsdienstleister und der Partei, deren Forderungen durchgesetzt wer- den sollen, auftun können (BGH, a.a.O.). [263] Erforderlich wäre damit die gesonderte Einschal- tung eines Rechtsanwalts durch den Rechtsuchenden, die mithin zu einer unmittelbaren Verbindung zwischen Rechtsanwalt und Rechtsuchendem führen muss (BGH, a.a.O.). [264] Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, da unstreitig die Kl. ihre Prozessbevollmächtigten als Rechtsanwälte beauftragt hat. [265] (c) Wenn teilweise angenommen wird, die Man- datierung könne auch im Sinn eines Vertrags zugunsten Dritter durch den Hauptdienstleister erfolgen (AG Han- nover, NJW 2018, 170, 174), so kann hier offenbleiben, ob dem zu folgen ist; dagegen könnte sprechen, dass auch bei einem Dienstleistungsverhältnis zu Gunsten des Rechtsuchenden letzterer nach allgemeinen Grund- sätzen des § 328 BGB die Leistungen des Rechtsbera- ters nicht gleichermaßen steuern, kontrollieren und ggf. das Dienstleistungsverhältnis auch auflösen kann, wie dies bei unmittelbarer Beauftragung durch den Recht- suchenden der Fall wäre.
BRAK-MITTEILUNGEN 3/2021 BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG
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