BRAK-Mitteilungen 3/2021
ankomme. Vielmehr argumentiert sie ausdrücklich, sämtliche Zedenten hätten dasselbe gemeinsame Inter- esse an einer vertikalen Anspruchsbündelung (...), weil so Ansprüche erfolgreicher durchgesetzt werden könn- ten, insb. auch gegenüber einem Einwand der Scha- densweiterwälzung. Dies lässt sich aber nur als Be- hauptung der Kl. verstehen, die Zedenten seien doch am wirtschaftlichen Erfolg der Forderungsdurchsetzung beteiligt, denn Zedenten, die kein wirtschaftliches Risiko in Bezug auf die abgetretenen Forderungen trügen, hät- ten dann konsequenterweise überhaupt kein Interesse an der erfolgreichen oder erfolglosen Durchsetzung der Forderungen, weil dieses weitere Schicksal der Forde- rungen sie überhaupt nicht mehr beträfe. Die Betonung eines gemeinsamen Interesses sämtlicher Zedenten durch die Kl. spricht also vielmehr dafür, dass die Ze- denten selbst tatsächlich (weiterhin) noch Interessen- träger sind und zumindest von einem erheblichen Ver- bleib des wirtschaftlichen Durchsetzungsrisikos bei den Zedenten auszugehen ist. [249] Entgegenstehende Regelungen zur Risikovertei- lung im Innenverhältnis zwischen der Kl. und den Ze- denten sind nicht ersichtlich. Die Kl. hat nicht näher zu den Regelungen im Innenverhältnis vorgetragen; den Bekl. kann ein solcher Vortrag nicht obliegen, weil sie in dieses Innenverhältnis naturgemäß keinen Einblick ha- ben. [250] Ebenso gehen offenbar die Zedenten selbst noch im Jahr 2020 davon aus, die Kl. mache im vorliegenden Rechtsstreit (nur) die Ansprüche der Zedenten geltend bzw. setze diese durch. So äußert etwa der Zedent zu 45) in einer von der Kl. (...) zu anderem Zweck vorge- legten Stellungnahme (Anlage K98), er habe sich da- mals entschieden, „die Durchsetzung unserer Scha- densersatzansprüche ausgewiesenen Experten anzuver- trauen“ ... Wie schon oben ausgeführt, „vertraut“ ein Zedent im Normalfall einem Zessionar ebenso wenig et- was an wie z.B. ein Verkäufer einem Käufer. Tatsächlich ließen sich die von der Kl. in Bezug genommenen, enga- gierten Stellungnahmen von unterschiedlichen Zeden- ten zur Frage der Vorteile einer Anspruchsbündelung und der Interessenlage besonders zwanglos dadurch erklären, dass die Zedenten auch im Jahr 2020 die streitgegenständlichen Schadensersatzansprüche des- halb immer noch als „ihre“ Ansprüche ansehen, weil sie ein eigenes wirtschaftliches Interesse an deren Durch- setzung, z.B. im Sinne einer später erfolgenden Aus- schüttung o.ä. haben, und eben nicht nur die Kl. die For- derungen im (allein) eigenen wirtschaftlichen Interesse geltend macht. Dazu passt auch die in der vorstehend genannten Stellungnahme des Zedenten zu 45) (Anla- ge K98) weiterhin noch enthaltene Formulierung: „Es war uns somit wichtiger, die Durchsetzungswahrschein- lichkeit unserer eigenen Ansprüche zu erhöhen, also am Ende überhaupt etwas zu erhalten, als um jeden Preis unsere Maximalforderung geltend zu machen“ ... [251] Die Kl. ist damit den Behauptungen der Bekl. – et- wa der Bekl. zu 3) auf (...), der Bekl. zu 2) auf (...) und
der Bekl. zu 1. auf (...) –, die Kl. habe den Zedenten – ggfs. mit Ausnahme des Zedenten zu 52) – gerade nicht das gesamte wirtschaftliche Risiko der Forderungsein- ziehung abgenommen, auch nicht wirksam entgegen- getreten. Umgekehrt haben damit die Bekl., soweit sie für die „Fremdheit“ als Merkmal des Verbotstatbe- stands i.S.v. § 134 BGB i.V.m. § 3 RDG die Darlegungs- und Beweislast tragen, ihrer Darlegungslast genügt. Die Kl. hat dem vielmehr nur ihre rechtliche Auffassung entgegengehalten (...), die Inkassoerlaubnis der Kl. um- fasse auch die (klageweise) Geltendmachung der streit- gegenständlichen Forderungen. Dies betrifft aber nicht die eigentliche Frage nach der Verteilung des wirt- schaftlichen Risikos. [252] cc) Die Ausnahmevorschrift des § 2 III Nr. 6 RDG, wonach trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 2 I RDG keine „Rechtsdienstleistung“ gegeben sein kann, ist vorliegend ersichtlich weder direkt noch analog an- wendbar. [253] Irgendeine „Verbundenheit“ zwischen der Kl. auf der einen und den Zedenten auf der anderen Seite, die auf „verbundene Unternehmen“ i.S.d. § 15 AktG hin- deuten könnte, ist nicht ersichtlich. [254] dd) Von dem grundsätzlichen Verbot der Rechts- dienstleistung gem. § 3 RDG i.V.m. § 2 I RDG ist auch nicht deshalb eine Ausnahme zu machen, weil sich die Kl. eines Rechtsanwalts bedient hat (vgl. die st. Rspr. des BGH: NJW 1995, 3122, 3123; NJW 1987, 3003, 3004; NJW 1989, 2125, 2126; NJW 2005, 1488; NJW 2007, 1131, 1132; BGHZ 167, 223, 227; NJW 2008, 3069; zur steuerlichen Beratung: BGHZ 98, 330, 335). [255] (1) Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Kl. trotz Beauftragung von (qualifizierten) Rechtsanwälten selbst gegenüber den Zedenten zur Erbringung einer Rechtsdienstleistung verpflichtet hat (s. nur OLG Stutt- gart, DStRE 2018, 188, 189: „Denn auch dann, wenn sie sich eines Rechtsanwaltes bedient, verpflichtet sie sich doch selbst gegenüber dem Vertragspartner, die Rechtsbesorgung zu übernehmen“; vgl. auch BGH, NJW 2009, 3242 Rn. 23 m.w.N.). Grundsätzlich ist und bleibt daher die Kl. die Erbringerin der Dienstleistung. [256] (2) Auch befreit die Hinzuziehung von (qualifizier- ten) Rechtsanwälten nicht von dem Erfordernis, dass die Kl. selbst die gesetzlichen Voraussetzungen der je- weiligen Erlaubnistatbestände erfüllen muss. [257] Denn nach allgemeinen Grundsätzen des RDG Hinzuziehung eines Anwalts ändert nichts erlangen Personen eine Be- fugnis zur Rechtsberatung nicht bereits, weil sie einen Rechtsanwalt hinzuziehen. [258] (a) Dies folgt aus der Gesetzgebungshistorie (ein- gehend dazu BGH, NJW 2008, 3069, 3070; Veith/Grä- fe/Gebert , Der Versicherungsprozess, § 19 Rn. 297). [259] § 5 III RDG-E sah noch vor, dass Rechtsdienstleis- tungen in Zusammenarbeit mit und unter Hinzuziehung einer Person erbracht werden dürfen, der die selbst- ständige entgeltliche Erbringung dieser Rechtsdienst-
BERUFSRECHTLICHE RECHTSPRECHUNG BRAK-MITTEILUNGEN 3/2021
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