BRAK-Mitteilungen 3/2021

BRAK MIT TEILUNGEN

JUNI 2021 · AUSGABE 3/2021 52. JAHRGANG

AKZENTE REPARATURBEDARF MIT ANSAGE Nicht nur das Wetter ist derzeit sommerlich heiß, auch gesetzgeberisch geht es kurz vor Ende der Legislaturpe- riode heiß her. Eine ganze Reihe von Gesetzesvorhaben wurde in den letzten Wochen verabschiedet oder steht

folgshonorar und Prozessfinanzierung zu streichen. Dem kam der Bundesrat nicht nach, schlug jedoch eine Deckelung des Erfolgshonorars auf 25 % der durchzu- setzenden Forderung und Einschränkungen bei Ver- braucherverträgen vor. Beides lehnte die Bundesregie- rung ab. Die auch in der Fachöffentlichkeit leidenschaft- lich verfochtenen Positionen – Wahrung der anwalt- lichen Kernwerte auf der einen Seite, weitestgehende Öffnung von Rechtsdienstleistungen für Legal Techs auf der anderen – wurden in einer öffentlichen Anhörung im Bundestags-Rechtsausschuss Anfang Mai diskutiert. Nun hat sich die Koalition auf einen Kompromiss geei- nigt, um das Vorhaben noch in dieser Legislatur ab- schließen zu können. Der Anwaltschaft sollen Erfolgsho- norare bis zu einem Streitwert von 2.000 Euro erlaubt sein, außer bei höchstpersönlichen Forderungen. Durch- setzen konnte sich die BRAK mit ihrer Forderung, dass Anwält*innen keine Prozesse finanzieren dürfen. Die Po- litik hat verstanden, dass diese auch künftig ausschließ- lich den Interessen ihrer Mandanten verpflichtet blei- ben müssen. Nachgeschärft werden sollen hingegen die Pflichten von Inkassodienstleistern. Der weitere Zeitplan ist sehr straff: Soweit bei Redak- tionsschluss bekannt, soll sich noch vor der parlamenta- rischen Sommerpause, am 9. Juni, der Bundestags- Rechtsausschuss erneut mit dem Vorhaben befassen, am 10. Juni der Bundestag und sodann der Bundesrat. Wenn diese Ausgabe der BRAK-Mitteilungen erscheint, wird das Gesetz voraussichtlich gerade beschlossen worden sein. Damit tritt leider ein, was die BRAK bereits an anderer Stelle moniert hatte: Ein bedeutsames Gesetzesvorha- ben mit tiefgreifenden Auswirkungen auf den Rechtsbe- ratungsmarkt wird in sehr knapper Zeit vorangetrieben, in dem Wissen, dass es zahlreiche ungeklärte Punkte – und damit Reparaturbedarf in der kommenden Legisla- turperiode – gibt. Entsprechende Entschließungsanträ- ge wurden bereits angekündigt. Das illustriert einmal mehr, wie wichtig eine frühzeitige und umfassende Be- teiligung der Verbände im Gesetzgebungsverfahren ist. Kommt das Gesetz so, wie es sich derzeit abzeichnet, ist eine sorgfältige Evaluierung vor allem der Auswirkun- gen des Erfolgshonorars – unter Einbeziehung von Wis- senschaft und Anwaltschaft – unbedingt geboten. Ihr Dr. Ulrich Wessels

kurz davor. Dazu ge- hört, wie jüngst aus Kreisen der Großen Koalition bekannt wur- de, auch ein stark umstrittenes Projekt: das „Legal Tech-Ge- setz“ oder korrekt Gesetz zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechts- dienstleistungsmarkt. Für heftige Kritik sorg- te schon im Novem- ber 2020 der Referen- tenentwurf des Bun- desjustizministeriums, mit dem ein Rechts- rahmen für als Inkas-

Dr. Ulrich Wessels

sodienstleister registrierte Legal Tech-Unternehmen ge- schaffen und die Wettbewerbsbedingungen für die An- waltschaft angeglichen werden sollen. Er sah vor, der Anwaltschaft in größerem Umfang als bisher ein Tätig- werden gegen Erfolgshonorar und zudem die Übernah- me von Prozesskosten ihrer Mandanten zu erlauben; beides zählt zum Geschäftsmodell vieler Legal Tech-In- kassodienstleister. Für sie sollen spezielle Informations- pflichten gelten und das Registrierungsverfahren aus- gebaut werden. Vor allem die Öffnung von Erfolgshonorar und Prozess- finanzierung ist höchst problematisch. Denn hierbei setzt ein Anwalt nicht mehr nur seine juristische Experti- se ein, sondern auch sein Kapital, und das führt not- wendigerweise zu Interessenkonflikten. Die Unabhän- gigkeit anwaltlicher Beratung und das System der Kos- tenerstattung und der Prozess- und Beratungskostenhil- fe würden so untergraben. Der Ende Januar vorgelegte Regierungsentwurf griff nur einen Teil der Kritikpunkte auf, Änderungen brachte er vor allem bei Inkassobegriff und Inkassoaufsicht. Kontrovers verlief auch das weitere Gesetzgebungsver- fahren. Der Rechtsausschuss des Bundesrates forderte – der Kritik der BRAK folgend –, die Regelungen zu Er-

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